Das Gemeindejagdgebiet von Semriach ist zum größten Teil landwirtschaftlich genutzt – Grünland ist vorherrschend. Bedingt durch die Höhenlage fällt der erste Schnitt genau in die Zeit, wenn die Rehkitze auf die Welt kommen. Kitze geben die ersten 10 Tage keinen Geruch ab und stellen sich tot, wenn die Mutter/Rehgais sie im hohen Gras ablegt. So ist es für Fuchs, Goldschakal oder gar Wolf etc. sehr schwer, die noch sehr unbeholfenen Lebewesen in den ersten Lebenstagen aufzufinden. Dieser angeborene Instinkt hat dieser Wildart lange Zeit geholfen zu überleben. In den letzten Dezenien hat sich aber die Bewirtschaftung der Wiesen stark verändert. Vor allem die großen Mähwerke in Verbindung mit rasch fahrenden Traktoren geben den jungen Rehkitzen keine Chance vor der drohenden Gefahr zu flüchten. In den ersten Tagen ihres Lebens wäre es ihnen auch gar nicht möglich – das Gras ist viel zu hoch! Umgekehrt hat der Fahrer im Traktor keine Chance, ein im Gras geduckt liegendes Rehkitz zu sehen. Die Anzahl der früher so durch das Mähen ums Leben gekommen Rehkitze ist nicht genau bekannt, aber die Dunkelziffer scheint hoch zu sein.
Die Mitglieder der Jagdgesellschaft Semriach haben aus diesem Grund heuer eine Drohne mit Wärmebildkamera angeschafft. Damit werden die zum Mähen anstehenden Wiesen davor abgesucht. Gute Zusammenarbeit zwischen Bauern- und Jägerschaft ist für den Erfolg unbedingt notwendig und wird in Semriach auch in der Praxis gelebt. So melden die Landwirte, wann sie ihre Wiesen mähen wollen, die Jäger kommen im Morgengrauen mit der Drohne und suchen diese aus der Luft ab.
Die Anschaffung wurde zwar von Gemeinde, Bauernbund und Jagdschutzverein finanziell unterstützt, trotzdem verbleiben 75% der Kosten bei den Mitgliedern. „Diese Investition war auf jeden Fall sinnvoll, das sind wir unseren Wildtieren schuldig“ sagt Johann Neuhold - Obmann der Jagdgesellschaft.
Insgesamt sind derzeit 8 Jäger in der Lage mit der Drohne zu fliegen. Vor Beginn des Suchflugs wird über einen Bildschirm die Wiese auf Google Maps hochgeladen und die Flugstrecken eingegeben. Ein Suchfeld hat pro Überflug eine Breite von 15 – 20 Meter. Dabei müssen Mulden oder Hügel als Fixpunkte am Tablet markiert werden. Danach fliegt die akkubetriebene Drohne das Gebiet selbständig in rd. 20 Meter über Grund ab und reguliert auch automatisch die Höhe. Der Bediener kann sich so auf dem Bildschirm konzentrieren, um zu sehen ob ein roter Punkt in der Wiese angezeigt wird. Dies ist der Hinweis, dass sich dort ein Rehkitz befindet. Darauf suchen die Jäger den angezeigten Punkt in der Natur auf. Das Kitz wird mit Handschuhen aus dem hohen Gras geborgen und in einer Kiste an den nahen Waldrand getragen. Dort wird es die Mutter nach Ihrer Rückkehr sicherlich wieder finden und auch annehmen, wissen die Jäger aus Erfahrung. Möstl Sebastian – einer der ausgebildeten Piloten - erzählt, dass er heuer schon sehr erfolgreich war und so viele Kitze gerettet hat. „Das ist eine Aufgabe von uns Jägern in Zusammenarbeit mit den Landwirten und es ist für mich jedesmal wieder ein tolles Erlebnis, wenn ich erfolgreich bin!“ Insgesamt sind es heuer schon 30 solcherart gerettete Jungtiere im Jagdgebiet und täglich werden es mehr.
Früher sei man die zur Mahd anstehenden Wiesen zu Fuß abgegangen, aber dazu ist das Semriacher Gebiet viel zu groß. Verstärkt hat sich dieses Problem heuer zusätzlich durch die Wettersituation. So will bzw. muss jeder Landwirt die wenigen Schönwettertage ausnützen, d.h. sehr viele Flächen werden gleichzeitig gemäht. „Da haben wir Jäger keine Chance überall rechtzeitig zu sein. Die Drohne hilft uns da immens“, so Aufsichtsjäger Georg Bellowitsch. Erfreulich, dass sich schon einige Jagden aus der Nachbarschaft für eine Drohne interessieren und für das nächste auch anschaffen werden!
Sebastian Möstl programmiert die Flugroute mittels Google Maps
Im hohen Gras aufgespürtes Rehkitz, es stellt sich instinktiv tot!
Drohne mit Wärmebildkamera auf Suchflug
Tablet: Die vorgegebene Flugroute wird automatisch abgeflogen.
Rasch fahrende Mähwerke sind die größte Gefahr für Rehkitze